- Wie alles begann…
- Schwangerschaft mit Colitis ulcerosa
- Die ersten Krankenhausaufenthalte
- Die Intensivstation
- Die geplante OP
- Die Not-OP
Wie alles begann…
Ich hatte monatelang rotes Blut im Stuhl aber ansonsten keine Einschränkungen in meinem Leben, keine Durchfälle oder Schmerzen. Nach langem Zögern vereinbarte ich einen Termin beim Gastroenterologen in der Nähe, schließlich ist das Thema Popo, Stuhlgang etc. ein Tabu-Thema, ein noch größeres Tabu für Frauen. Frauen pupsen nicht, haben keinen Stuhlgang. Sie verschwinden mal aufs stille Örtchen, wenn überhaupt, manche pudern sich auch einfach nur die Nase. Daher brauchte ich lange, bis ich mich überwinden konnte, zum Arzt zu gehen. Und ehrlicherweise ging ich nur zum Arzt, weil ich dachte, dass ich durch den ständigen Blutverlust bestimmt eine Anämie ausbilden würde. Nach einer Coloskopie war die Diagnose klar: Colitis ulcerosa. Für mich war die Diagnose kein Schock sondern eine Erleichterung. Wenn die Medizin das Problem kennt, gibt es Medikamente und danach kann ich weiterleben wie bisher, dachte ich. Ich kannte ein paar Menschen mit Colitis ulcerosa und alle konnten mit den richtigen Medikamenten ein normales Leben leben. Und so kam es in den ersten Monaten auch bei mir, die Grundmedikation Mesalazin wirkte, ich konnte einfach „normal“ weiterleben. Ich nahm die Krankheit nicht ernst genug, informierte mich wenig, suchte mir keinen spezialisierten Arzt.
Meine Schwangerschaft mit Colitis ulcerosa
Mit meiner Schwangerschaft einige Monate später lief alles aus dem Ruder: die Medikamente wirkten nicht mehr, viele Medikamente durften auf Grund der Schwangerschaft nicht gegeben werden (und wurden mir trotzdem verschrieben), neue Medikamente brachten bestenfalls kurzfristige Erleichterung. Ich hatte durchgängig unsagbare Schmerzen. Ich krümmte mich bei stechenden Schmerzen, stöhnte auf der Toilette, litt Höllenqualen. Ab dem 8. Monat nahm ich hochdosiert Cortison. Ich schleppte mich bis zum Geburtstermin, da ich sicher war, dass sich ohne die Schwangerschaftshormone mein Körper wieder beruhigen würde, die normale Medikation ein Abheilen der Krankheit bringen würde. Ich hatte falsch gedacht. Ich musste weiterhin hochdosiert Cortison nehmen, mein Bauch war durchgängig extrem angeschwollen. Ich schämte mich sehr. Durch das Cortison war ich aufgeschwemmt, mein Bauch von der Schwangerschaft noch rundlich weich, die Bauchmuskeln überdehnt. Ich sah auch fünf Monate nach der Schwangerschaft aus, als sei ich im 6. Monat schwanger. Auf meiner linken Bauchseite bildete sich eine Walze. Der Dickdarm schwoll hier stark an und die Darmwand verhärtete sich. Ich konnte diese Walze selbst tasten und an schlimmen Tagen zeichnete sie sich durch das Tshirt ab. Ich sagte meinem Gastroenterologen, dass ich das Gefühl hätte, das Essen käme an dieser Stelle nicht um die Ecke – heute weiß ich, dass genau das passiert war: die Darmwand war so dick angeschwollen, dass der Dickdarm an sich einen immensen Durchmesser hatte, aber das „Rohr“ innen einen minimalen Durchgang. Die Dickdarmwand war nach innen zugeschwollen, eine Teilstenose. Mein Gastroenterologe sagte, ich solle mehr Ballaststoffe essen. Die informierten LeserInnen schlagen jetzt die Hände über dem Kopf zusammen und wissen, dass der Arzt sich damit selbst disqualifiziert hatte. Ich wusste es damals aber nicht. Ich hatte mich nicht informiert, habe meinem Arzt vertraut. Wenn man einen Colitis-Schub hat, dann ist der erste Rat, keine Ballaststoffe zu essen. Ich hätte den Arzt sofort wechseln sollen, stattdessen aß ich fleißig Ballaststoffe, Müsli, Vollkornbrot, Nüsse, Rohkost, Hülsenfrüchte und so weiter, und kaufte mir noch zusätzlich Flohsamen, die ich zu zwei Mahlzeiten nahm. Seit der Geburt hatte ich durchgängig extreme Schmerzen. Ich konnte nicht mehr aufrecht stehen, ging immer gebückt, ich konnte nicht mehr aus dem Sitzen normal aufstehen, ich musste die Arme zu Hilfe nehmen. Ich konnte vor Schmerzen nicht schlafen, ich wachte vor Schmerzen auf. Ich durfte nicht angefasst werden, was mit kleinen Kindern nicht umsetzbar ist: meine Kinder saßen auf meinem Schoß, wollten kuscheln, getragen werden. Mein Baby habe ich gestillt. Ständig kam Druck und Berührung an die geschwollene Darmwand, es war die Hölle. Ich war durchgängig weiß wie die Wand und hatte einen wächsernen, leicht schwitzigen Glanz im Gesicht von den Schmerzen. Mit der Kostform, die mein Arzt mir geraten hatte, wurde alles noch schlimmer. Den Zusammenhang stellte ich aber nicht her. An manchen Tagen, wenn ich nur Möhre und Kartoffel gegessen hatte, ging es mir besser, aber den richtigen Rückschluss zog ich nicht. Aus heutiger Sicht kann ich nicht sagen, warum.
Die ersten Krankenhausaufenthalte
Als mein Arzt im Juni 2019 das Cortison wieder einmal erhöhen wollte, ich nahm es nun schon sechs Monate, kam der Mut der Verzweiflung aus mir heraus. Ich wusste, dass Cortison starke Nebenwirkungen hat und als Dauermedikament laut Colitis-Leitlinie nicht geeignet war. Ich sagte ihm, dass vielleicht eine stationäre Aufnahme hilfreich wäre, in der ich zur Ruhe käme und von oben bis unten durchgecheckt werden könnte. Und hier tat der Arzt endlich das Richtige, nachdem er monatelang an mir herumexperimentiert hatte. Mein Arzt war mit meiner Erkrankung und meinem Verlauf von Anfang an überfordert gewesen, aber er hatte es sich nicht eingestanden, niemanden zu Hilfe gebeten und mich „krank therapiert“. Nun schrieb er mir eine Krankenhauseinweisung bei einer Kollegin, die er für fähig hielt. Und sie war meine Rettung, menschlich und fachlich. Als erstes bekam ich nur noch Fresubin®. Mein Darm wurde mit jedem bildgebenden Gerät abgelichtet, was das Krankenhaus zu bieten hatte: MRT, CT, Röntgen, Ultraschall, MRT Sellink. Ich bekam in der Anfangszeit 150mg Cortison als Infusion. Ich schwoll so stark zu, dass ich morgens die Augen nicht mehr aufbekam, meine linke Körperhälfte schwemmte komplett auf. Aber die Schmerzen wurden weniger und mein Bauch wurde weicher. Er durfte getastet werden. Nach zwei Wochen wurde ich entlassen, es war der Plan, dass ich über Colitis-Schonkost über Monate die Darmwalze zum Abheilen bringen kann und sich dann eine Langzeittherapie finden wird. Mein Körper spielte bei diesem Plan nicht mit. Trotz exakter Beachtung der Ernährungsregeln schwoll mein Bauch wieder an und nach vier Wochen musste mich der Krankenwagen wieder in die Klinik bringen. Wieder Schmerztherapie, wieder Cortison als Infusion. Dieses Mal traute sich eine Ärztin zu coloskopieren. Beim ersten Mal hatten die Ärzte Angst, dass sie in der Engstelle die Darmwand verletzen könnten und ich notoperiert werden muss. Als ich nun coloskopiert werden sollte, waren die Chirurgen informiert und alarmiert, es hätte ganz leicht passieren können, dass ich von der Coloskopie direkt in den OP geschoben würde und mein Dickdarm entfernt worden wäre. Aber ich hatte Glück und eine richtig gute Ärztin an meiner Seite. Mit diesen Bildern war auch klar, es muss operiert werden. Der Darm war an dieser Walze so kaputt, das könne nicht mehr heilen, sagte die Ärztin. Ich bekam einen Termin für eine geplante OP vier Wochen später. Mit dem Chirurgen verhandelte ich beim Beratungsgespräch, dass ich nur den Teil entfernt bekommen wollte, der tatsächlich kaputt war. Es sei nicht das übliche Vorgehen bei Colitis ulcerosa, sagte der Chirurg. Ich erwiderte: „Ich habe keine Historie wie sich meine Colitis verhält, wenn nicht Schwangerschafts- und Stillhormone alles durcheinanderbringen. Ich möchte es noch mal mit Dickdarm versuchen. Wenn sich meine Colitis nicht beruhigt, dann können wir immer noch alles rausschneiden.“ Wir haben intensiv gesprochen, Argumente ausgetauscht und schlussendlich hat der Chirurg meinem Wunsch entsprochen. Ich habe ihm versprochen, kein orales Cortison mehr zu nehmen, wenn die Therapien nicht anschlagen sollten, sondern mich dann operieren zu lassen.
Die Intensivstation
Ich musste mich einige Tage früher als geplant in die Klinik einweisen lassen, weil ich die Schmerzen nicht mehr aushielt. Dieses Mal bekam ich direkt am ersten Tag einen ZVK (Zentraler Venenkatheter), durch den ich ernährt wurde. Ich durfte nicht mehr essen und auch nicht mehr trinken. Morgens durfte ich mit einem kleinen Schluck Wasser eine Tablette nehmen, den restlichen Tag durfte ich meinen Mund benetzen, wenn er ganz trocken und die Zunge klebrig wurde, aber der Rest kam über Infusion direkt in meine Vene. Zwei Tage vor der Operation wurde mir ein PDK (Periduralkatheter) gelegt, er solle die Schmerztherapie vor und nach der OP erleichtern. Die Krankenhauspolitik sah vor, dass PDK-Patienten auf der Intensivstation betreut werden, also wurde ich auf die Intensiv verlegt. Ich wusste nicht, was mich dort erwartet: die Intensivstation ist sehr laut, es piepen ständig Geräte, alle Türen stehen offen, die MitarbeiterInnen rufen sich Anweisungen zu, die PatientInnen schreien, es gibt ständig irgendwo einen Alarm, alle Gespräche auf den Fluren kann man hören. Ich war an so vielen Kabeln angeschlossen, dass den PflegerInnen die Anschlüsse an meinem Körper ausgingen. Ich hatte wegen des PDK einen Blasenkatheter. Allerdings musste ich trotz Nahrungskarenz immer noch öfters auf Klo, es kam geräuschvoll Durchfall raus. Auf der Intensivstation klingelt man nach jemandem, wenn man aufs Klo muss, dann wird einem ein Toilettenstuhl gebracht. Mein Zimmer der Intensivstation teilte ich mir nach zwei Tagen mit einer dementen, laut schreienden alten Dame mit einem 18jährigen jungen Morbus-Crohn-Patienten. Ich war durch einen Sichtschutz von ihm getrennt, aber hören konnten wir uns einwandfrei. Musste ich auf den Toilettenstuhl, musste mit ein/e PflegerIn erst mal entstöpseln, alle Kabel so halten und drapieren, dass ich mir nichts rauszog, wenn ich mich auf den Toilettenstuhl setzte. Dann wurde ich allein gelassen – natürlich aber mit meinem Zimmernachbarn. Ich kann eigentlich nicht zur Toilette gehen, wenn mir jemand zuschaut. Nun hatte ich einen Zuhörer, die Zimmerfront war verglast, so dass jeder auf dem Flur, mich auf dem Toilettenstuhl sehen konnte. Ich saß mit dem Rücken zur Glasfront mit einem Krankenhauskittel, der hinten offen war. Und natürlich war die Glastür sperrangelweit offen, so dass auch jedes Geräusch im Zimmer draußen auf dem Flur gehört werden konnte. Ich konnte in dieser Situation sehr schlecht entspannen und meinen Schließmuskel zum Öffnen bewegen, aber andererseits musste ich dringend. So legte ich mir ein Mantra zurecht, mit dessen Hilfe ich diese entwürdigende Situation aushalten konnte, entspannen konnte, und tatsächlich meinen Durchfall loswerden konnte: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die Würde des Menschen ist unantastbar… Auch wenn es in dieser Situation nicht stimmte, zumindest konnte ich so auf die Toilette gehen. Aber die Zeit auf der Intensivstation habe ich als sehr belastend in Erinnerung. Wenn ich in der heutigen Corona-Berichterstattung Bilder aus Intensivstationen sehe, dann merke ich, wie sich mein Bauch zusammenzieht und ich Beklemmungen bekomme.
Die geplante OP
Am 10.10.2019 war es soweit.
Nach dem Chirurgengespräch in der Klinik hatte ich noch eine Zweitmeinung in einem anderen Krankenhaus. Die Quintessenz war, dass die OP unumgänglich ist, aber das Verfahren erst während der OP entschieden werden kann:
Variante 1: die unwahrscheinlichste
Sie schneiden den kaputten Teil heraus und können die beiden Dickdarmstücke direkt wieder zusammennähen.
Variante 2:
Sie schneiden den kaputten Teil heraus, nähen die beiden Dickdarmenden wieder zusammen und machen ein Entlastungsstoma, damit die Naht heilen kann. Nach einigen Monaten wird das Stoma zurückverlegt.
Variante 3:
Sie schneiden den kaputten Teil heraus, bilden ein Dickdarmstoma und vernähen das andere Ende blind. Sie lassen den Darm heilen und verlegen in einer zweiten OP das Stoma zurück und nähen die Dickdarmstücke wieder zusammen.
Variante 4:
Der gesamte Dickdarm ist nicht mehr zu retten und es muss eine Kolektomie mit Ileostoma gemacht werden.
Am wahrscheinlichsten waren die Varianten 2 und 3. Ich wurde morgens um 8 Uhr zum OP geschoben, ohne zu wissen, mit welchem Ergebnis ich aufwachen würde. Ich sage ganz ehrlich: es war mir egal. Nach monatelangen Schmerzen, und zwar Schmerzen, die unerträglich waren, und die ich trotzdem ausgehalten habe, war alles besser als dieser Zustand. Es war mir auch egal, ob ich sterben würde.
Meine erste Erinnerung nach der OP ist, dass der Chefarzt an meinem Bett steht, mir erzählt, dass alles gut gegangen sei und sie die Dickdarmenden zusammennähen konnten. Es wurde also Variante 1. Etwas, womit wir alle nicht gerechnet hatten. Ich war noch so benebelt und wahrscheinlich auch überfordert, dass ich keine Reaktion zeigte. Der Chefarzt war sichtlich enttäuscht: „Sie freuen sich ja gar nicht!“ Aber es war einfach zu viel für mich. Das einzig wichtige war, ob mein Mann schon informiert war, dass es mir gut ging. Ja, das hatte eine engagierte Assistenzärztin übernommen. Damit war ich erleichtert, das war meine einzige Sorge gewesen. Die Schmerztherapie während des gesamten Krankenhausaufenthaltes war eine Katastrophe. Die PDK wirkte nicht, wie sie sollte. Die Dosierung reichte für mich scheinbar nicht aus. Zusätzliche Dosierungen bekam ich trotz mehrfachen Nachfragens und Verzweiflung nicht. Nach einigen Tagen wurde die PDK gezogen, sie hatte sowieso keine Bedeutung mehr für mich und so konnte ich zumindest wieder auf Normalstation verlegt werden. Auch hier halfen die Schmerzmedikamente nicht. Ich fragte bei jeder Visite nach anderen Schmerzmitteln, ich war verzweifelt, es waren Höllenqualen. Aber ich wurde immer abgewiesen, ich bekäme schon alles, was ginge. Sechs Tage nach der OP bildete sich eine Beule an der linken Bauchdecke, dort, wo eine Drainage gelegen hatte und bereits gezogen war. Ich zeigte es einer Chirurgin. Das wäre nicht normal. Sie käme mit dem Chef wieder. Den ganzen Tag wartete ich in Sorge und Schmerzen mit dieser Beule. Am späten Nachmittag kamen die beiden zurück. Es sei ein Hämatom, das müsse man ausdrücken. In meiner Naivität dachte ich, dass ich zumindest lokal betäubt würde, schließlich hatte ich selbst ohne Berührung immense Schmerzen. Nein, das mache man immer ohne, sagte der Chirurg. Mir blieb die Spucke weg und die Kraft zu widersprechen. Das Bett wurde in die Horizontale gebracht, ganz nach oben gefahren und dann zog er schon ein Skalpell aus der sterilen Verpackung. Er drückte am Hämatom herum wie an einem Pickel. Ich schrie mir die Seele aus dem Leib, es war mir egal, was alle um mich herum, aus dem Flur, auf der Station und selbst im Krankenhaus dachten. Diese Schmerzen waren unmenschlich, und in diesem Moment fand ich, dass der Chirurg auch unmenschlich war. Er popelte auch mit dem Finger in der Wunde herum und holte Blutkoagel, also verklumptes, sprich altes Blut, heraus. Das erklärte er mir sachlich, während ich weinend und mich windend auf dem Bett lag, und die Tortur über mich ergehen lassen musste. Ich weiß nicht, ob die Prozedur 2 Minuten oder 20 gedauert hat, es war die Hölle. Danach packte der Chirurg sein Werkzeug zusammen und sagte, er hätte nicht alles erwischt, es wäre schon viel alter Blut dabei gewesen, aber jetzt müsste es besser werden. Morgen bei der Visite würde er noch mal drauf schauen. Damit waren sie weg. Es kam keine Erleichterung.
Die Not-OP
Die Schmerzen blieben, sie wurden schlimmer. Die Nachtschwester rief den diensthabenden Chirurgen, ich wurde ins MRT gebracht. Und dann unterschrieb ich die Einverständniserklärung für eine Not-OP. Sie würden das Hämatom noch mal aufmachen und den Bauchraum spülen. Mir war alles recht, ich war mit meinen Kräften am Ende. So wurde ich innerhalb von einer Woche zwei Mal operiert. Im Aufwachraum fragte mich der Anästhesieassistent, ob ich Schmerzen hätte. Ich bejahte. Er gab mir ein Schmerzmittel. Nach einiger Zeit fragte er mich wieder, ich sagte wieder, dass die Schmerzen noch genauso seien wie davor, er gab mir wieder etwas. Dieses Spielchen wiederholte sich sechs Mal. Beim sechsten Medikament sagte ich: „Jetzt gehen die Schmerzen weg, es wird besser.“ Der Anästhesieassistent sagte: „Das hätte einen Elefanten umgehauen, was ich Ihnen gegeben habe.“ Ich fühlte mich, als hätte man mich ertappt, dass ich mal drogenabhängig gewesen sei, dass ich nun legal an einen Kick kommen wollte. Ich versicherte dem Mann, dass ich noch nie Drogen angerührt hatte. Es war mir wichtig.
Als ich im Zimmer das nächste Mal die Augen aufmachte, kam mein Lieblingschirurg an mein Bett, er betreute mich seit meinem ersten Tag im Krankenhaus immer gut. Seine und meine Söhne haben das gleiche Alter, wir hatten immer mal wieder nette Gespräche. „Was machen Sie denn für Sachen?“ fragte er mich. „Naja, Sie haben ja bei der ersten OP die Brustvergrößerung vergessen, daher musste ne zweite OP sein.“ sagte ich. „Brustvergrößerungen sind erst wieder nächsten Monat im Budget.“ antwortete er und wir grinsten beide. Das sind die guten Erinnerungen an die Krankenhauszeit. Immer wieder, zwischen allem technischen, medizinischen, notwendigen und schlechten, gibt es die menschlichen, die schönen, die guten Zeiten und Erinnerungen.
Als nach dieser OP die Schmerzen immer noch unaushaltbar waren, und ich nach wie vor ständig um andere Medikamente bat, ich mich nicht bewegte, die Physiotherapeutin wegschickte und vor mich hinvegetierte, erhörte mich eine Assistenzärztin. Es wurde mit den AnästhesistInnen beraten und eine Schmerztherapie für mich aufgestellt. Ich bekam Opiate und Valium „auf Schiene“, das bedeutet regelmäßig, so dass sich ein Spiegel aufbauen konnte. Endlich war ich schmerzfrei. Nach zwei Tagen konnte ich die ersten Medikamente wieder absetzen. Retrospektiv ist die Theorie, dass meine Schmerzrezeptoren durch die monatelangen Schmerzen so überreizt waren, dass „normale“ Medikamente nicht mehr wirkten. Als sie durch die Opiate einmal ruhig gestellt wurden, konnten sie sich erholen und in ihren normalen Zustand zurückgesetzt werden. Danach arbeiteten sie wieder wie sie sollten. Nur wenige Tage später wurde ich entlassen. Ich befand mich im Kostaufbau, ich marschierte fleißig über die Flure, die Treppen und ein bisschen an der frischen Luft. Endlich sollte alles gut werden.
Liebe Verena, endlich konnte ich Deinen Blog lesen. Respekt, dass Du es geschafft hast, alles beim Schreiben nochmal durchzustehen. Ich wünsche Dir von ganzem Herzen, dass es von jetzt an nur noch bergauf geht.
Liebe Saskia,
vielen Dank für deine Zeit! Deine guten Wünsche kann ich gut gebrauchen. Drück mir die Daumen.
LG Verena
Liebe Verena. Was für ein erschütternder Bericht – dass du das aushalten konntest! Du hilfst mit deinem Blog jedem Kranken, ich werde jedenfalls immer daran denken, wenn ich ärztliche Hilfe brauche.
Alles Beste für die kommende Zeit, Verena ✊ du weißt, dass ich an dich denke. 🙎♀️