In Meine Colitis-Karriere erzähle ich von den Anfängen meines nicht endenden wollenden Schubes mit Beginn meiner Schwangerschaft. Hier geht es um die Begleiterscheinungen, die eine chronische Krankheit mit sich bringt, wie die ständigen Arztbesuche:
Meine Gynäkologin schrieb mir sofort ein Beschäftigungsverbot: durch die vielen (bis zu 40) blutigen Durchfälle am Tag (und in der Nacht) war ich immer knapp vor einer Dehydrierung. Ich war völlig entkräftet und ich hatte noch zwei kleine Kinder zu versorgen. Mein erster Gedanke war: Jetzt habe ich genug Zeit zum Liegen, Schlaf nachholen und Kraft sammeln für die Kinderbetreuung. Aber nein, so war das nicht. Als chronisch kranke Schwangere war ich ständig beim Arzt:
Die Gynäkologin
Es gab engmaschige Kontrollen bei der Gynäkologin, deren Sorge sowohl dem Baby als auch mir galt. Dort wurde ich ans CT angeschlossen, das die Herztöne des Babys aufzeichnet und zeigen kann, ob es dem Baby gut geht. Danach wartete ich, bis ich zur Ärztin vorgelassen wurde. Hier wurde ein Ultraschall gemacht, um alles im Blick zu halten. Dazu wurde mir jedes Mal Blut abgenommen und der Urin kontrolliert.
Ich wurde zur Schwangerenambulanz in die Uniklinik Bonn überwiesen, wo ich alle zwei Wochen einen Kontrolltermin hatte. Diese Termine dauerten jedes Mal den gesamten Vormittag: Kinder wegbringen, mit dem Auto nach Bonn fahren, Parkplatz suchen, warten, Untersuchung, warten, Ergebnismitteilung, durch den Berufsverkehr wieder zurück. Dort wurde ebenfalls ein Ultraschall gemacht, Blut abgenommen, der Urin kontrolliert.
Das Hausärzteteam
Hier war ich regelmäßig wegen meines Asthmas und für Überweisungen an den Facharzt für Gastroenterologie. Oft ging ich mit einfachen gastroenterologischen Fragen und Problemen zu meinem Hausärzteteam, weil sie freundlicher, zugewandter und menschlicher waren als meine Fachärzte. Sie haben versucht, mich als ganzen Menschen im Blick zu halten.
Der Gastroenterologe
Diese Besuche waren die am wenigsten strukturierten. Neben den endlosen Wartezeiten bekam ich regelmäßig Blut abgenommen, dann sollte ich Stuhlproben bringen. Wenn ich diese zwei Tage später gebracht hatte, sollte ich an einem anderen Tag ein Rezept abholen oder noch mal zur Blutprobe kommen. Um anschließend wieder einen Termin beim Arzt zu bekommen. So kam ich auf mindestens einen, meistens eher zwei Gastroenterologenbesuch pro Woche. Der Arzt verschrieb ständig neue Medikamente, die alle nicht halfen, oder die ich nicht nehmen durfte, was ich zu Hause dank embryotox.de herausgefunden hatte. Zwischendurch war ich wegen eines Zosters, eine Nebenwirkung des ersten Immunsuppressivum, beim Hautarzt, wo ich zwei Stunden warten musste.
Die Hebammen
Zusätzlich ging ich am Anfang der Schwangerschaft drei Mal pro Woche zur Hebamme. Sie setzten mir Akupunkturnadeln gegen die extreme Schwangerschaftsübelkeit. Das war das Einzige, was mir damals gegen die 24 Stunden am Tag sieben Tage die Woche andauernde, extreme Übelkeit geholfen hat. Alle anderen Mittel wie „dagegen anessen“, Ingwer, Kiwi auf die Zunge legen hatten keinerlei Wirkung. Später ließ ich einige Kontrolltermine statt von der Gynäkologin von den Hebammen machen, denn sie waren die einzigen positiven Fachfrauen in dieser Zeit. Alle anderen sahen auf die Krankheit, das nicht wachsende Baby und alle anderen schlechten Nachrichten, was mich extrem verunsicherte und stark an meiner Psyche nagte.
Warten, warten, warten
Diese Liste zeigt, wie zeitaufwendig es ist, krank zu sein. Ja, zum Glück haben wir diese gute Versorgung. Ich möchte aber aufzeigen, dass Menschen, die krankgeschrieben sind oder verrentet auf Grund von chronischer Krankheit, nicht zwingend freie Tage haben. Chronisch krank zu sein heißt, mindestens einen Teilzeitjob zu haben, nämlich krank von Arzt zu Arzt zu tingeln. Oft machen ÄrztInnen Untersuchungen doppelt und dreifach. Mir wurde in der Schwangerschaft bis zu drei Mal in einer Woche Blut abgenommen. Wenn ich dran gedacht hatte, die Werte vom einen Arzt zum anderen mitzunehmen, waren die Werte entweder zu alt oder es fehlten bestimmte Parameter. Auf der anderen Seite gibt es an jeder noch so beschissenen Situation etwas Positives. Ich habe in dieser Zeit so viele Bücher gelesen wie noch nie in meinem Leben. Ich musste in jeder Arztpraxis immer eine halbe Stunde bis Stunde warten plus der Wartezeiten zwischen Untersuchungen. Da bekam ich dicke Wälzer wie „Vom Winde verweht“ in anderthalb Wochen ausgelesen.