Die Rückverlegung des protektiven bzw. doppelläufigen Stomas ist die dritte und letzte OP bei der Anlage des J-Pouches.
Die letzte OP
Vier Monate nach der Pouchanlage ist es bei mir soweit. Nach den vielen Komplikationen bei der zweiten OP haben wir zuhause Sicherheitsvorkehrungen getroffen: meine Mama kommt nach Ende des Urlaubs meines Mannes für eine Woche, um ggf. mit den Kindern helfen zu können. Zusätzlich haben wir für vier Wochen ab Entlassung einen Pflegedienst bewilligt bekommen.
Ich bin wahnsinnig aufgeregt: Wird der Termin wegen anderer, dringenderer Operationen verschoben? Bin ich wirklich Corona-negativ? Es begleiten mich tagelang Bauchschmerzen, Schlafstörungen und Unwohlsein. Als ich in der Klinik ankomme, ist alles schlagartig weg.
Die Aufnahme und die Vorbereitungen verlaufen wie immer: Aufnahme, Zimmerzuweisung, Anästhesiegespräch, EKG. Im Aufklärungsgespräch für meine letzte OP fragt mich die Chirurgin:
„Haben Sie die Ergebnisse der Blutgerinnungsdiagnostik dabei?“
„Nein, ich dachte, die bekämen Sie und wenn ich nichts von Ihnen höre, dann ist alles in Ordnung.“
„Wir haben nichts bekommen. Okay, das klären wir noch, bevor wir Sie operieren. Das ist ja wichtig zu wissen.“
Ich bezweifle, dass die Informationen aus dem Labor rechtzeitig vor meiner Rückverlegung am folgenden Tag vorliegen werden. Aber ich sollte mich täuschen, alles läuft wie am Schnürchen.
Bevor die Rückverlegung des Stomas vorgenommen wird, gibt es drei Dichtigkeitsprüfungen für den J-Pouch. Die Nähte müssen gut verheilt sein und der J-Pouch muss absolut dicht sein.
Pouchoskopie
Die erste Untersuchung ist die Pouchoskopie. Sie funktioniert genau wie eine Coloskopie, ist allerdings viel weniger aufwändig, weil der Pouch so viel kleiner ist als das Colon (=Dickdarm). Ich habe ziemliche Angst vor Schmerzen bei den Untersuchungen, also bleibe ich am Aufnahmetag nüchtern.
Prof. Kroesen führt die Untersuchung selbst durch. Dadurch dass der J-Pouch am Rektum angenäht wurde, kann es sein, dass das Rektum etwas verengt ist. Dann schmerzt das Einführen des Kameraschlauches. Der Professor fühlt vorsichtig mit dem Finger vor. Bei mir ist alles gut, so dass ich ohne Sedierung pouchoskopiert werde. Das Fazit vom Fachmann: alles sieht sehr gut aus: rosige Schleimhaut, gut verheilte Nähte. Danach kann ich endlich essen und trinken, die andere Untersuchung ist für den OP-Tag terminiert.
Pouchographie
Die Pouchographie ist eine Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel. So könnten die ÄrztInnen kleinste Undichtigkeiten des Pouches auf dem Bildschirm erkennen. Wegen der Operation muss ich nüchtern bleiben, somit habe ich die Option einer Sedierung. In meinem Kopf hat sich der Gedanke festgesetzt, dass diese Untersuchung sehr schmerzhaft sein soll, weil der Pouch angeblich mit so viel Kontrastflüssigkeit wie möglich gefüllt und damit aufgedehnt würde. Keine Ahnung, wo ich das aufgeschnappt habe. Als ich in das Röntgenzimmer komme, frage ich direkt nach einer Sedierung. Die Assistentin schaut mich irritiert an, es würde nicht weh tun, keiner ihrer PatientInnen hätte jemals sediert werden müssen. Ich glaube ihr kein Wort. Ich habe schon oft genug erlebt, dass sie das nur erzählen, um weniger Arbeit zu haben. Aber ich täusche mich schon wieder, ich spüre nichts und die Untersuchung ist ruckzuck vorbei.
Ich merke immer mehr, dass ich durch meine vielen schlechten Erfahrungen im Krankenhaus und mit ÄrztInnen sehr ängstlich und skeptisch geworden bin.
Die Operation
Ich werde pünktlich zu meiner letzten OP abgeholt. Im Vorbereitungsraum fragt mich der Anästhesist, wie es mir ginge. „Gut“, ist meine Antwort. Er schaut auf meine Vitalzeichen und sagt erstaunt: „Ihnen geht es ja wirklich gut, Ihr Blutdruck und Puls sehen aus, als würden Sie gemütlich auf der Couch liegen und Fernsehen schauen!“
Die dritte Dichtigkeitsprüfung erfolgt während der Operation. Wenn es das Operationsfeld zulässt, wird Flüssigkeit in den Bauchraum gespült, um zu beobachten, ob vom J-Pouch Bläschen aufsteigen. Die Methode kennt Ihr von der Lochsuche beim Fahrradschlauch: man hält den Schlauch abschnittweise in eine Schüssel mit Wasser, um anhand der aufsteigenden Bläschen das Loch zu finden. Alles verläuft einwandfrei, nach dem Aufwachraum werde ich wieder auf mein Zimmer verlegt. Ich bin einfach nur unendlich müde von der Narkose. Ich verschlafe den restlichen Tag. Weder esse ich, noch stehe ich auf. Auch wenn Bewegung in diesem Krankenhaus großgeschrieben wird, lassen mich die PflegerInnen und ÄrztInnen in Ruhe. Ich bin ihnen sehr dankbar dafür. Vielleicht kennen sie mich gut genug, um zu wissen, dass ich sehr schnell anfange, mich zu bewegen, aber ich am Anfang erstmal Ruhe brauche.