Ich kenne die Klinik und das Personal, daher fühle ich mich direkt sicherer. Es erfolgen die gewohnten Abläufe wie beim letzten Mal. Ich finde es merkwürdig, dass ich essen darf, obwohl ich am nächsten Tag direkt als Erste morgens am Darm operiert werden soll. Das Stoma hat also auch Vorteile: weil die Verdauung schneller abgeschlossen ist und der Dünndarmstuhl im Beutel landet, kann ich bis zum Abend vor der J-Pouch-Operation essen und muss nicht abgeführt werden.
Die Operation
In der Operation wird der sog. Hartmann-Stumpf entfernt. Das ist der Rest Dickdarm, der blind vernäht im Körper verblieben ist. Das endständige Stoma wird zurück in den Bauchraum gezogen. Aus den letzten Zentimeters Dünndarm wird der Pouch geformt, d.h. der Dünndarm wird in einem „J“ aneinandergelegt und vernäht. Dieser J-Pouch dient als Kotreservoir für später. Der J-Pouch wird ans Rektum angeschlossen. Eine Dünndarmschlinge weiter oben wird aus dem „Stomaloch“ gezogen, sie bildet das Entlastungsstoma oder auch protektives Stoma. Dieses Stoma hat zwei Löcher: das eine Loch fördert den Dünndarmstuhl in den Beutel, was der Entlastung des J-Pouches dient. So können die Nähte heilen und alles gut zusammenwachsen. Das zweite Loch gehört zum absteigenden Schenkel, das ist die Verbindung zum Pouch. Hier wird nichts gefördert.
Auch wenn das Stoma anders aussieht und eine etwas andere Funktion hat, ist es in etwa gleich groß und die Versorgung funktioniert gleich.
Der Tag der Operation
Es gibt kleine Unterschiede zum letzten Mal: ich darf meinen OP-Kittel unter der Wärmedecke anlassen bis in den Vorbereitungsraum. Außerdem liegt dieses Mal der PCR-Test vor. Einen Stomapunkt müssen sie nicht anzeichnen, weil ich schon ein Stoma habe. Das Entlastungsstoma kommt an dieselbe Stelle wie das endständige Stoma. Dieses Mal ist die Schmerztherapie vorbildlich. Ich habe im Aufwachraum keine Schmerzen, obwohl ich mich auch dieses Mal gegen einen PDK entschieden habe. Am frühen Nachmittag verlegen sie mich aufs Zimmer. Ich döse viel, kann weder essen noch trinken, geschweige denn aufstehen. In der Klinik Köln-Porz legen sie großen Wert auf Bewegung, um den Magen-Darm-Trakt nach Operationen wieder zum Laufen zu bringen, aber ich kann es nicht. Die Operation hat mir ziemlich zugesetzt und die Schmerzmittel tun ihr übriges. Abends muss ich viel spucken, es kommt aber nur Gallenflüssigkeit. Aus Sorge vor einem möglichen Ileus, also einem Verschluss, wird das Stoma angespült. Mit meinem Magen-Darm-Trakt ist aber alles in Ordnung.
Tag 1 nach der J-Pouchanlage mit Entlastungsstoma
Ab Tag 1 bekomme ich flüssige Kost also Joghurt, Milchsuppe, Fruchtpüree, Tee, pürierte Suppen. Das Stoma fördert gut. Das ist immer beruhigend. Ich habe wie beim letzten Mal einen ZVK (Zentralvenenkatheter) und eine Schmerzpumpe. Damit kann ich mir in Eigenregie Schmerzmittel geben, wenn ich es für notwendig erachte. Zusätzlich bekomme ich Medikamente über Infusionen. Ich drücke die Pumpe relativ wenig, da ich den ZVK schnell wieder loswerden möchte. Ich fühle mich mit all den Schläuchen sehr immobil und es fehlt mir an Motivation, mich zu bewegen, wenn ich so verkabelt bin. Nach der J-Pouchanlage bin ich mit dem
- ZVK,
- einem Blasenkatheter,
- dem Entlastungsstoma mit Verlängerungsschlauch und Klinikbeutel,
- einer Drainage aus dem kleinen Becken
- und einem Ablaufröhrchen aus dem After
aufgewacht. Ich finde es lästig, das alles zusammenzupacken, um ein paar Schritte über den Flur zu gehen. Daher lasse ich mir direkt am ersten Tag den Blasenkatheter ziehen.
Tag 2 nach der J-Pouchanlage mit Entlastungsstoma
Die Aufbaukost geht in schnellen Schritten voran, ab Tag 2 darf ich Breiiges essen, das heißt es kommen Kartoffelpüree und püriertes Gemüse dazu.
Ich lasse mir den ZVK ziehen, wieder ein Schlauch weniger. Jetzt kann ich ohne Infusionsständer spazieren gehen. Die Drainage aus dem kleinen Becken ist die für mich schlimmste Drainage, die ich jemals hatte. Der Schlauch sitzt in der linken Pobacke und ist an der Haut festgenäht, damit er nicht rausrutscht. Ich spüre bei jeder Bewegung das Ziehen an der Naht: jeder Schritt, jedes Hinsetzen, Umsetzen, Aufstehen, wirklich jede Bewegung schmerzt. Ich halte es kaum aus. Und über diesen Schmerz hinweg soll ich die Motivation finden, mich viel zu bewegen. Ich erfahre in der Visite, dass dieser Schlauch weitere vier Tage bleiben muss. Diese Zeit kann ich weder durch viel Bewegung noch durch schnelle Genesung beeinflussen. Diese Information nimmt mir jede Kraft. Nur mit größter Kraftanstrengung komme ich zum Klo oder kurz in den Flur. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass ich die ÄrtzInnen falsch verstanden hatte. Sie meinten das Röhrchen aus dem After, die Drainage wird einen Tag später gezogen. Bis dahin bin ich traurig, verzweifelt und völlig unmotiviert.