Vier Tage vor meiner geplanten OP werde ich angerufen, meine OP muss verschoben werden. Ich nehme es gelassen, schließlich geht es mir körperlich ganz gut. Aber die Alltagsorganisation, die dran hängt, ist als Familie immer sehr aufwändig: mein Mann muss seinen Urlaub umlegen, meinen Kindern muss ich sagen, dass ich nun doch länger zu Hause bin, der Krankenkasse, die uns Haushaltshilfe für die Zeit nach dem Krankenhaus genehmigt hat, muss über die Verschiebung informiert werden, alle Betreuungseinrichtungen der Kinder ebenfalls, die sensibilisiert wurden für mögliche Verhaltensänderungen der Kinder wegen der Stresssituation „Mama im Krankenhaus“. Wenige geschriebene Zeilen aber einige Stunden Arbeit. Und Psycho-Stress. Nun denn, der neue Termin ist also der 19.04.2022.
Ab zwei Wochen vor der J-Pouch-OP wird meine Colitis mit jedem Tag schlimmer und mein Kopf hört nicht mehr auf zu denken.
Mit Prähabilitation ist nicht mehr viel zu wollen. Mittlerweile bin ich komplett medikamentenfrei. Ich habe eine sogenannte cortisonrefraktäre Colitis ulcerosa. Das bedeutet, sobald ich kein Cortison mehr nehme, flammt die Krankheit wieder auf. Manchmal ist sie selbst mit Cortison nicht eindämmbar, wie ich schmerzlich im Dezember 2021 feststellen musste.
Ich bin zu schwach, um Sport zu treiben, mit jedem Durchfall, mit jedem blutigen Durchfall, verliere ich Körperkraft. Es fällt mir schon schwerer, Treppen zu steigen. Ich motiviere mich nach wie vor, viel zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu machen, aber zusätzlichen Sport schaffe ich nicht mehr.
Auch die Ernährung hat sich stark verändert: ich bin mittlerweile fast komplett auf Colitis-Schonkost, oder wie ich gerne sage Teenager-Ernährung umgestiegen: keine Ballaststoffe mehr. Also weißen Toast mit Marmelade, weiße Nudeln, keine Rohkost (außer Banane), nur noch gekochtes Gemüse, das gut verträglich ist, wie Brokkoli, Möhren, Zucchini, Blumenkohl. Eigentlich soll man auch fettarme Milchprodukte essen, aber da vertrage ich mehr und kann die Vollfettstufe wählen. Ab 13 Uhr esse ich nicht mehr, ab 19 Uhr trinke ich nicht mehr, sonst kann ich nachts nicht schlafen. Zusätzlich nehme ich um 22 Uhr eine Loperamid. Selbst mit dem bisschen Essen müsste ich sonst nachts mehrfach aufstehen. Ich zähle die Tage bis zur OP. Ab Ostersamstag geht noch weniger. Ich habe schon seit Tagen durchgängig Schmerzen. Bis jetzt habe ich sie ignoriert. Aber seit Samstag sind sie stark geworden. Ab t-3, wie es so schön heißt, also drei Tage vor OP muss ich Novalgin nehmen, damit ich durch die Tage komme. Da mir jeder Bissen Essen Schmerzen bereitet, habe ich keinen Appetit mehr und zwinge mich dazu, wenigstens ein bisschen zu essen. Ab jetzt heißt es nur noch durchhalten.